Schimmel-Klavier von 426 auf 440 Hertz höher gestimmt

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Immer wieder trifft man auf ein Schimmel-Klavier mit gutem Klang. So ist das auch bei diesem Instrument aus unserem Hörbeispiel, das 1994 in Braunschweig gebaut worden ist.

Ein Blick unter den Spieltisch verrät uns, warum wir gerade den Bass als so wirksam empfinden. Dort sieht man, dass man das Prinzip des so genannten Kreuzsaiters im Interesse der Optimierung umgesetzt hat. Das heißt, die Basssaiten reichen von links oben bis weit nach rechts unten. Mit anderen Worten: Diese für den Klavierbau kritischen Saiten haben so viel Länge wie in einem verhältnismäßig niedrigen Klavier eben möglich ist. Die Auflagefläche der Saiten auf dem Basssteg ist nahe am Rand, doch die Fixierung des Bassstegs ist weiter in den Resonanzboden hinein verlagert, da der Klangboden dort besser schwingen kann. Das Ergebnis ist hörbar!

Unser Piano wurde längere Zeit nicht gestimmt – und wenn, dann ohne Rücksprache mit den damaligen Besitzern einfach auf der vorhandenen Tonhöhe belassen. Das Ergebnis war außer der Verstimmung die Tonhöhe von 426 Hertz. Will man Klavier als Soloinstrument spielen und/oder vorwiegend, um sich zu entspannen, ist der tiefere Kammerton kein Problem. In Rücksprache mit den neuen Besitzern wurde das Instrument von der Klavierstimmerei Praeludio® in einem Termin zum Festpreis auf 440 Hertz gestimmt.

Leider schwankt die Stimmbarkeit der Instrumente der Premiummarke Schimmel. Zwar ist das Ergebnis meistens gut, doch der Weg dorthin ist unterschiedlich strapaziös. Im Bass ebenso wie im Diskant ist die Qualität der Saiten das wesentliche Kriterium. Die jüngsten Instrumente von Schimmel zeigen, dass man nun endlich auch in Deutschland den in Asien vorherrschenden Trend zu den besseren Pure-Sound-Saiten im Diskant vollzieht. Sieht man sich den Grund genauer an, so erkennt man auch bei Schimmel die Ausrichtung auf den asiatischen, genau genommen den chinesischen Markt. Denn wer dort bestehen will, darf im Vergleich zu den asiatischen Klavieren nicht weniger bieten! Doch rätselhaft bleibt, warum man weiterhin an dem vergleichsweise dünnen Druckstab festhält, anstatt an dieser Stelle ebenso zu der Einsicht zu gelangen, dass der dickere Kapodaster besser ist. In dem Zusammenhang ist es in Deutschland noch niemand in den Sinn gekommen, dass der Filz hinter dem Druckstab das flüssige Durchrutschen der Saitenspannung beim Stimmen behindert. Die Annahme, dass dieser Filz die Stimmhaltung verbessern könnte, sollte nach dem Lesen des Praktischen Handbuchs der Klavierkonstruktion des bereits verstorbenen Klavierkonstrukteurs Klaus Fenner längst korrigiert sein. Betrachtet man die historische Entwicklung, so hat man schon immer im Bass auf die Unterlage verzichtet, die erst ab der Mittellage Standard ist. Dass es ohne diese Unterlage besser geht, zeigen die Klaviere von Yamaha, die sowohl von den Koreanern als auch von den Chinesen mit gutem Grund kopiert werden. Denn immerhin ist dieser japanische Konzern Weltmarktführer im Bau akustischer Pianos.

Der Klang des Klaviers wird außer von der Konstruktion und der Größe des Klangkörpers von der Qualität der Filze über den hölzernen Hammerkernen bestimmt. Bei dem Klavier aus unserem Hörbeispiel sehen wir noch die bessere Struktur des Hammerfilzes mit roten Unterfilz. Der Unterfilz verleiht dem Oberfilz mehr Spannung, was sich hörbar auf den Klang auswirkt. Noch... schreibe ich, da man bei den jüngeren Klavieren von Schimmel immer häufiger Hammerfilze ohne Unterfilz sieht.

Sowohl an der Farbe der Gussplattenlackierung als auch bei der farblichen Gestaltung der Filze und Leder der Klaviermechanik unterscheidet sich Schimmel von Renner-Mechaniken. Leider sind die Farbe, das verwendete Material sowie das Design des Klaviermöbels die einzigen Aspekte, an die sich die deutschen Klavierbauer wagen. Funktionelle Aspekte, die vom Kunden längst erwartet und bei entsprechenden Angeboten z.B. von Yamaha entsprechend häufig gekauft werden, sind in unserer Region leider tabu. In der Konsequenz müssen wir den Klavierbau Made in Germany als Handwerkskunst beziehungsweise noch besser als Kunsthandwerk und mit dem Zusatz der Pianomanufaktur selbst auszeichnen. Die Innovation überlassen wir großzügig anderen. Nicht weil wir es nicht könnten oder wollten. Wir dürfen es einfach nicht. Wie wir aktuell in der Autobranche vorgeführt bekommen, ist der notwendige Schattensprung (= der Sprung über den eigenen Schatten) als Aufbruchssignal über die Branche, ja über die Wirtschaft hinaus auf das ganze Land kein signifikantes Leistungmerkmal deutscher Führungskultur. Im Fall des VW-Abgasskandals pfeifen es mittlerweile schon die Spatzen von Dächern, dass der konsequente Strategiewechsel auf des Elektroauto die einzig richtige Antwort auf das Problem mit nicht mehr einhaltbaren Abgaswerten ist. Aber im Fall von VW scheinen die Schatten einfach zu groß zu sein, um noch darüber springen zu können. Dabei müsste man diesen Schritt ja gar nicht neu erfinden, sondern lediglich das Vorbild eines Elon Musk mit Tesla kopieren. Aber nicht einmal die Kopie ist mehr erlaubt, wobei es vor 1900 geradezu eine deutsche Tugend war, erfolgreich die Konzepte vornehmlich der Engländer zu kopieren. Das hat uns von den Engländern den abwertend gemeinten Stempel Made in Germany eingebracht. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde daraus ein Qualitätsmerkmal.

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